Chronik XXXXVII - Schweinswale

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Chronik XXXXVII


75. CHRONIK XXXXVII Petra Deimer-Schütte 1948 - 2024

 
Freitag 5. April 2024: Petra Deimer-Schütte ist verstorben

Telefonisch teilt Hans-Jürgen Schütte am Ostersonntag den 31. März mit, dass seine Ehefrau Petra Deimer-Schütte am Mittwoch 27. März 2024 nach langer Krankheit verstorben ist. Eine Trauerfeier sei für den 12. April in Hasloh geplant und eine Seebestattung vor Neustadt Schleswig-Holstein.

1981 hatte Petra einen Artikel in der Zeitschrift „Das Tier“ veröffentlicht, den mein Sohn Boris und ich mit großem Interesse gelesen hatten. Wir waren so beeindruckt, dass wir der bereits 1977 gegründete „Gesellschaft zum Schutz der Meeressäugetiere beitreten wollten. Das gelang auch dank einer länger zurückliegenden Bekanntschaft unserer Eltern, allerdings nur mir, mein Sohn erwies sich als zu jung!

Noch gut im Gedächtnis ist mir die erste Sitzung der Gesellschaft, an der außer mir fünf weiteren Mitglieder teilnahmen, deren Bekanntheitsgrad und Bedeutung mir zunächst gar nicht klar war. Sie fand statt in einem halbdunklen Clubraum des Jachtvereins Blankenese auf einem Schwimmponton. Ein bisschen kam es mir vor, wie die Sitzung einer verschworenen Geheimgesellschaft. Dabei wurden dort Dinge besprochen, die den Schutz der Wale, aber auch allgemeine Fragen die den Arten- und Naturschutz betreffend, deren Bedeutung bis in die Gegenwart reicht. Mir wurde erst allmählich klar, welche Bedeutung Petra für die sich damals allmählich formierende Bewusstsein der Öffentlichkeit im Zusammenspiel von Wissenschaft und Medien mit der Zielrichtung eines wirksamen Schutzes der Natur, der Artenvielfalt und des Tierschutzes zu kam. Es bestand nicht nur eine enge Verbindung zu den Medien, zu prominenten Tierfilmern auf deren Unterstützung sie zählen konnte, besonders auch zu Heinz Sielmann, und vielen anderen Organisationen.

Legendär ist ihr Auftritt an Deck der „Rainbow Warrior“. Es war ein angekündigter Besuch des Hamburger Senats vor einem offiziellen Empfang in der Hansestadt Hamburg für die Organisation „Green Peace“ geplant. Aber als Petra am Morgen dort eintraf, musste sie erst die dort zum Trocknen aufgehängte Wäsche der Crew abhängen, um die „Hanseaten“ nicht zu verprellen. Der eigentliche Grund warum Green Peace mit der Rainbow Warrior überhaupt nach Hamburg gekommen war: Dave McTaggart wollte Petra für die Organisation gewinnen, als europäische Vertreterin und Walschützerin.  

Ebenso berühmt ist ihr Auftritt im Bonner Umweltministerium 1977, wo sie dem überraschten Minister Josef Ertl (CSU) eine Unterschriftensammlung überreichte, was diesen so beeindruckte, dass er sofort die Einfuhr von und den Handel mit Walprodukten in der BRD verbot und ihr riet, eine Organisation zum Schutz der Meeressäugetiere zu gründen. Oder wie sie es fertiggebracht hat, dass die portugiesische Regierung die Gewässer um Madeira zum Nationalpark erklärte, dass ein Walfangmoratorium durchgesetzt wurde, dass das Kürschner-Handwerk auf die Verarbeitung von Fellen der vor Neufundland erschlagenen Sattelrobben-Babys verzichtet, dass im polnischen Jastarnia ein Plan zur Rettung des bedrohten Schweinswals der Ostsee beschlossen wurde usw. usw.

Dies sind nur einige Streiflichter auf ihre Erfolge und andauernden Bemühungen zum Schutz der Meeressäuger, die sie trotz mancher Rückschläge unbeirrt weiterverfolgte. Zahlreiche Auszeichnungen und Ehrungen hat sie bekommen, die aber ihrem Wirken als eine Walschützerin der ersten Stunde nicht annähernd gerecht wurden. Mehrere auch heute noch lesenswerte Bücher hat sie verfasst. Wer ihr einfühlsames Verständnis für Tiere sei es der Schwertwal im Hagenbecker Zoo oder ihr Graupapagei, der sie seit der Kindheit begleitete, einmal miterlebt hat wird es niemals wieder vergessen.





Vor 25 Jahren auf den Ilhas Desertas den zum Madeira-Archipel gehörenden Inseln; Petra Deimer-Schütte ist die Erste von rechts.



 
Einige Stimmen zu der sehr traurigen Nachricht:

Carl C. Kinze Walexperte aus Kopenhagen: Petra ist mir in guter Erinnerung geblieben, besonders natürlich wegen ihres Engagements für die Meeressäugetiere, Bereits 1983 hatte ich den ersten Briefwechsel mit ihr über Weißwale in der Elbe. In besonders guter Erinnerung liegt mein Aufenthalt und Vortrag auf Vilm, den Petra 2006 organisierte.
 
Alfred Schmidt Herausgeber der Zeitschrift FLUKE: Herman Reichenbach schreibt für die nächste Ausgabe der Fluke einen Nachruf. Ich habe ein Bild von Petra von unserem Treffen in Bremen 2015 dafür herausgesucht. Hans-Jürgen Schütte hatte mich schon vor einiger Zeit darauf aufmerksam gemacht, dass es Petra nicht so gut ging. Ja, es ist sehr traurig.

Herman Reichbach GSM Mitglied früher Redakteur bei Gruner & Jahr. Die traurige Nachricht vom Tode unserer Gründungsvorsitzenden Petra Deimer hat uns alle sicherlich erschüttert, auch wenn, unter den Umständen, der Tod nach so langer und schwerer Krankheit wohl eine Erlösung gleichkam. Petra hat unendlich viel für den Schutz der Wale und anderer Meeressäugetiere geleistet, für sie ohne ideologische Scheuklappen gekämpft, und sich getraut, auch öffentlich den Beitrag der nicht gerade unkontroversen Meeressäugetierhaltung in Menschenobhut für die Förderung des Tierschutzbewusstseins zu würdigen. Sie war nicht nur Tier- und Naturschützerin, sondern eben auch Cetologin. Das sollte nicht in Vergessenheit geraten.

Jan Herrmann Tierarzt und Herausgeber der Zeitschrift CETACEA: Vielen Dank für die sehr traurige Nachricht. Das Buch der Wale war 1987 das Geschenk meiner Patentante für mich und meine noch junge Begeisterung für die Wale nach meinem Abitur. Im Laufe der Zeit habe ich dann die Arbeit der Gesellschaft zum Schutz der Meeressäugetiere kennengelernt und war sehr berührt, als wir Frau Deimer 2006 als Gast in Hannover begrüßen durften.

Harald Benke ehemaliger Direktor des Deutschen Meeresmuseums Stralsund: Vielen Dank für die Info. Das ist ja eine sehr traurige Nachricht.

Florian Graner Filmproduzent und Unterwasserfilmer: Das sind ja traurige Nachrichten.

ps. und als ob er Abschied nehmen wollte, ist ein Buckelwale in der Marina bei Fahrensodde in der Flensburger Förde aufgetaucht.




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